
Heute stelle ich ein weiteres "Strickmaschinen-Buch" vor, wobei sich auch hier – wie bei dem anderen – nur die Hälfte um die Maschinenstrickerei dreht.
Aber von vorne:
Das "strickbuch" erschien 1981 beim Verlag für die Frau in Leipzig, also in der DDR. Die Grundlage bildeten zwei Bücher, deren Titel ich mangels Sprachkenntnissen nicht wiedergeben kann, und die 1975 und 76 in der Sowjetunion erschienen, genaugenommen in Kyjiw.
Als Autoren werden E. M. Chazan (Technologie von Strickteilen) und W.W. Zaruk (Strickmuster) genannt. Die deutsche Bearbeitung erfolgte durch Eva Tiesler, Karin Wiesner und Günter Föllmer.
Mein Exemplar präsentiert sich in Leinenbindung mit einem Handstrickmotiv auf der Vorder- und einem Maschinenstrickmotiv auf der Rückseite. Als es neu war, war es vermutlich von einem bunten Schutzumschlag umgeben.
Alle Abbildungen sind schwarz-weiß.
Im ersten Teil geht es ums Handstricken. Das Buch behandelt in verschiedenen Abschnitten die üblichen Grundlagen und bietet eine ungeheure Fülle an Möglichkeiten der Gestaltung und Ausarbeitung von z.B. Krägen, Bündchen, Taschen, Blenden oder Ärmelabschlüssen, sowie jede Menge Strickmuster mit Strickschriften.
Ich bin mir nicht sicher, ob ein absoluter Strickanfänger mit diesem Buch glücklich würde.
Die Texte sind treffend und kompakt, dabei sehr knapp gehalten. Abgesehen davon bietet es eine enorme Menge an Inspiration und ich habe jedes Mal wieder viel Vergnügen beim Durchblättern.
Um die Arbeit mit Strickmaschinen geht es im zweiten Teil ab S.122, und zwar zunächst um den Einbettapparat.
Die Ausführungen sind meines Erachtens auf alle "einfachen normalen" Einbett-Strickmaschinen anwendbar.
Ohne langes Blabla bringen die Autoren auf einer Doppelseite alles auf den Punkt, was man wissen muss, um die Möglichkeiten so eines Apparats zu verstehen. Ab da folgen Strickmuster, die – wie im ersten Teil – in der Regel mit Strickschriften übersichtlich dargestellt und auf Anhieb zu verstehen sind, sofern man die Zeichenerklärungen ab S. 232 berücksichtigt.
Die Bemusterung erfolgt von Hand, indem Maschen umgehängt oder ausgewählte Nadeln händisch in andere Positionen gebracht werden.
Das Buch ersetzt keine Bedienungsanleitung und setzt voraus, dass man grundsätzlich weiß, wie man seine Maschine zu handhaben hat (z.B. Aufbau der Maschine, Maschenanschlag und Einstellungen).
Ab S. 152 geht es um das Stricken an der Doppelbettstrickmaschine, wobei die "5443/2 Veritas 360", als jene Maschine genannt wird, auf der die Arbeitsproben entstanden.
Die Grundbegriffe und Grundfunktionen werden kurz, knapp und treffend erläutert, so dass die Inhalte problemlos auf jede andere "einfache normale" Doppelbettstrickmaschine angewendet werden können. Man sollte lediglich wissen, welche Knöpfe oder Hebel an der eigenen Maschine die jeweiligen Funktionen steuern.
Auch in diesem Teil werden eine ganze Menge Strickmuster gezeigt, die teilweise durch Einstellungen am Schlitten, teilweise durch Auswahl einzelner Nadeln oder durch händisches Umhängen entstehen. Besonders spannend finde ich auch die Möglichkeiten, die sich durch den Versatz der Betten ergeben.
Sodann werden noch einige grundlegende Techniken, wie verschiedene Anschläge oder das Ausarbeiten von Kanten, Säumen, Taschen oder Knopflöchern etc. erläutert.
Braucht man dieses Buch?
Wenn man eine alte Strickmaschine bespaßen will, dürfte es auf jeden Fall sehr nützlich sein.
Ich weiß noch, dass mir nicht nur ein Licht, sondern gleich ein paar ganze Kronleuchter aufgingen, als ich es damals (als ich anfing, mich mit Strickmaschinen zu beschäftigen) zum ersten Mal gelesen habe. Wobei man dazusagen muss, dass die Bedienungsanleitung zu meiner ersten Doppelbettmaschine (Euro 2000 von O. Gilgen aus der Schweiz) grottenschlecht und äußerst unverständlich ist. Zu anderen Maschinen gibt es deutlich bessere.
Das Schöne ist, dass ein freundlicher Mensch die Strickmaschinenhälfte des Buchs im Netz hochgeladen und zugänglich gemacht hat. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an jeneN UnbekannteN.
Wie ich schon schrieb, beschäftigt sich das Buch mit "einfachen normalen" Strickmaschinen, wie sie seit den 50er Jahren von verschiedenen Herstellern auf den Markt kamen, also Handstrickapparate mit einigen überschaubaren Grundfunktionen, jedoch ohne Musterautomatik.
Spätere und/oder weiterentwickelte Handstrickapparate wurden oft mit Mechanismen ausgestattet, mit der die im Buch beschriebene händische Nadelauswahl durch automatisierte Mechanismen erfolgt.
Die Nadelvorwahl kann dann z. B. durch einen zusätzlichen Schlitten oder mit Drehknöpfen am Nadelbett erfolgen, die jeweils Nadeln in bestimmten Reihenfolgen auswählen (jede 2., 3., 4. usw,.), per Lochkartensteuerung oder mittels PC-Steuerung. Derlei erleichtert speziell das Sticken von nadelbasierten Mustern natürlich deutlich, erfordert aber auch eine diffizilere und komplexere Mechanik in den entsprechenden Geräten sowie eine gründlichere Einarbeitung in die Materie.
Übrigens gab es um die 2010er Jahre herum eine Neuauflage des Buchs, die anscheinend um weitere Strickmuster ergänzt wurde. Als Autorin konnte ich Evelin Zernechel ermitteln, kenne diese Ausgabe jedoch nicht selbst.
Ich kann mich noch sehr gut an DDR Strickmaschinen erinnern. In meiner Kindheit war gefühlt in jedem 3.Haushalt eine Strickmaschine. Meine Oma und Mutter hatten auch so ein Teil. Sehr geliebt haben sie es nicht, denn nach 5 Jahren hatte der Rost den Nadeln zugesetzt und man zog es vor, selbst zu stricken. Ersatznadeln zu bekommen war ja auch nicht einfach. Und das Teil nahm sehr viel Platz in der Küche oder Wohnzimmer weg. An das Buch kann ich mich noch erinnern. Verlag für die Frau war heiß begehrt. In dem Bücherschrank meiner Mutter konnte man sehr viele Handarbeitsbücher entdecken. Zum Teil schaue ich heute noch gerne hinein. Mich interessieren besonders alte Techniken. Werde mich mal auf die Spur von Strickmaschinenbüchern begeben.
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