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Donnerstag, 25. Februar 2021

Zum Beispiel Medaillen ...

Es war einmal – vor langer Zeit – da spielten die Jungs Fußball im Verein. 
Bei manchem Spiel gab's eine Medaille.

Die Jungs haben ihre Fußballkarriere nicht vertieft. 
Die Metallscheiben liegen unnütz im Weg herum. 

Auch diese Trophäen vergangener Tage tragen zu meinem derzeitigen gemischten Kreativ- und Müll- Frust bei. 
Es widerstrebt mir, sie einfach in den Müll zu tun. 
Wenn nicht gerade Corona ist, werden vermutlich hunderte davon immer wieder neu aus Asien herangeschafft, verteilt, ein bisschen bewundert und dann entsorgt. 

Man sollte eine Medaillen-Sammelstelle einrichten, dann könnte man sie immer wieder verwenden.
Natürlich nur die überflüssigen, unbeachteten.
Jedem fußballenden Jungen und Mädchen ist es von Herzen vergönnt, die Medaillen so lange über dem Bett hängen zu haben und zu bewundern, wie er oder sie Freude daran hat. 

Hier liegen die Dinger jedoch nur rum und gehen mir auf den Nerv und finden trotzdem ihren Weg ins Altmetall nicht, weil sie mir leid tun und ich ihr Potential sehe und überhaupt:
Gehören die überhaupt ins Altmetall?
Gibt es eine Richtlinie zur artgerechten Entsorgung überflüssiger Medaillen? 

An Upcycling-Ideen mangelt es mir nicht: 
Als Anhänger für einen Zipper sind die meisten der Scheiben wohl etwas groß, zum Schlüsselanhänger für den ein oder anderen Schlüssel, der "per Gefühl" leicht in der Handtasche gefunden oder dem aufgrund der Anhängergröße das Verschwinden erschwert werden soll, könnte ich sie mir schon vorstellen. 

Man könnte sie alle zusammen auf eine (schön bemalte) Holzkiste kleben und so eine Schatztruhe für einen Fußballfan dekorieren. Oder je eine auf eine Paper-Art-Schachtel, und damit vielleicht einzelne Fächer eines Adventskalenders gestalten? 

Oder ein Mobile daraus basteln.
Oder sie an Nylonfäden ins Fenster hängen, vielleicht auch ein Windspiel daraus machen. 
Oder an ein Faschingskostüm nähen. 

An den Medaillen hängen Bänder.


Bänder sind immer ein guter Rohstoff: 
Als Verzierung für ein freches Täschchen aus ausgedienter Jeans, so wie hier

oder hier 

nur eben dann im "Fußballdesign".
Und natürlich seitlich am Täschchen als Schlaufe oder Anfasser/"Label".
Und dann noch als Schlaufe am Zipper. 

Oder als Zutat zu den allseits so beliebten Schlüsselbändern oder jedem beliebigen anderen Taschenband. (Ich meine die Dinger, für die es unzählige Anleitungen gibt, zum Beispiel hier von Pattydoo.)

Man könnte die Bänder aneinander (oder nebeneinander auf ein Stück Stoff) nähen und so eine textile Fläche gestalten, die sich als Grundlage für Täschchen, Mugrugs, Applikationen etc. eignet.

Man könnte sie auch miteinander zu einer Fläche verflechten, so ungefähr in dieser Art.
Unter dem Stichwort "Fabric weaving" finden sich jede Menge Ideen im WWW. 


Ich sehe das Upcycling-Potential und denke: Das kann man doch noch brauchen, und ich könnte es problemlos umarbeiten, verwerten, zu einem zweiten Leben erwecken.  

Aber: Ich habe keine Lust dazu.
Vor allem, weil ich zur Zeit keine Fußballfans in meinem Dunstkreis habe und deshalb auch nicht weiß, wen ich damit beglücken sollte. 

Und weil es 1000 andere Sachen gibt, die ich auch machen könnte und die mir näher liegen. Eigentlich sollte ich jetzt an der Nähmaschine sitzen und etwas machen, was mir Spaß macht. Oder mit den Vorarbeiten zu meinem neuen Buch beginnen.
Stattdessen sitze ich hier und beschäftige mich mit diesen Dingern, die mir auf den Nerv gehen. Gleichzeitig frage ich mich, warum ich das tue und sie nicht einfach wegwerfe.
Und ärgere mich ein bisschen über mich selbst. 
Ich erwarte keine Antwort. 


  




Mittwoch, 24. Februar 2021

Upcyling: Von der Lust am Sammeln und Verwerten – und der Last

"Zweites Leben" 

Schon lange stehen die Beiträge in dieser Rubrik meines Blogs mengenmäßig ganz weit vorne, zur Zeit an zweiter Stelle. 
Neudeutsch würde dieses "Label" übrigens "Upcycling" heißen.  

Wer hier regelmäßig liest, hat es vielleicht schon gemerkt: Ausrangierte Hosen, alte Wäsche oder Vorhänge, Stoffreste in Schnipselgröße, Altpapier, Wollreste und Abfallwolle  – es gibt kaum etwas, aus dem sich nicht noch etwas Neues, Schönes, Nützliches, Brauchbares machen ließe.

Ich schaue Abfall an und sehe Rohstoff.
Vor meinem inneren Auge erscheint das, was daraus werden kann oder was es sein könnte.  
Manchmal setze ich es um.
Oft fehlt die Zeit dazu.
Manchmal auch die Notwendigkeit, denn nicht alles, was ich machen könnte, hat Platz in meinem Leben. 

Der Blick, der im Müll das Potential entdeckt, wurde mir in die Wiege gelegt: 
Wickelte meine Mutter die Schokolade aus dem Stanniolpapier, dann konnte daraus in ihren Händen in wenigen Minuten das vollständige Geschirr für eine Puppenküche entstehen 
Teller, Tassen, Schüsseln, ein Kelch mit einem langen Stiel.
Manchmal erzählte sie dann: Sie hätte so gerne eine eigene Puppe gehabt. 
Das war für jedes der sieben Geschwister in Kriegszeiten aber nicht drin. 
Der Vater und ein großer Bruder waren im Feld, die Mutter – meine Oma – musste sehen, wie sie die Familie durchbrachte. "Wir haben in Bombentrichtern gespielt, unser Spielzeug war das, was wir dort fanden", erzählte meine Mutter manchmal.
Stanniolpapier (und Schokolade) gab es erst nach dem Krieg, jedenfalls für sie. 

In diesen Zeiten war es überlebensnotwendig, zu verwenden und verwerten, was da war.
Meine Mutter konnte aus allem etwas machen und sie hatte einen unglaublich guten Blick für Farben und Proportionen. Was sie anpackte, sah hinterher nach was aus, fing den Blick, wurde zur Augenweide.

In meinem Elternhaus wurde nichts weggeworfen:
Das kann man noch brauchen; da kann man noch was draus machen; vielleicht braucht es jemand anders, dem man es geben kann, und der sich darüber freut. 

Diese Einstellung ist typisch für die Generation der Kriegskinder.
Und es ist eine sinnvolle Einstellung im Hinblick auf die Ressourcen unserer Erde. 
Eine sehr sinnvolle. 
Überlebensnotwendig für unseren Planeten. 

So bin ich dankbar, in diesem Sinne erzogen worden zu sein und den Blick meiner Mutter ein Stück weit geerbt zu haben. 

In unseren Zeiten und in unserer Gesellschaft ist diese Fähigkeit aber auch eine Last:
Es gibt von allem viel zu viel. Und man kann nicht alles aufheben. 
Doch als Tochter meiner Eltern fällt es mir unendlich schwer, Dinge zu entsorgen, die noch zu etwas taugen (könnten). So sammelt sich einiges an (nicht zuletzt auch deshalb, weil es Menschen gibt, die mir vorbeibringen, was ihnen noch zu gut zum Wegwerfen erscheint) und manchmal habe ich das Gefühl, das verstopft mein Leiben. 



Manchmal überkommt mich ein großer Zorn. 

Ich denke zum Beispiel an all den Ramsch, den unsere Kinder in Kindergärten, Schulen und Vereinen so im Laufe der Jahre geschenkt bekamen: 
Wie viele minderwertige Trinkflaschen aus besonders energieaufwendig zu verarbeitendem Alu waren darunter? Bei keiner schloss der Deckel dicht, so dass sie alle mehr oder weniger ungenutzt im fein säuberlich sortierten Müll landeten – selbstverständlich im passenden. Ebenso die Brotzeitboxen mit Werbeaufdruck, bei denen in kürzester Frist das Scharnier platzte. 
Und all die Figürchen und das Kleinzeug, oft blinkend mit Elektronik und Batterien versehen, produziert in Fernost unter miserablen Bedingungen für die Arbeiter, einmal um die halbe Welt geschippert, wobei tonnenweise Schweröl verbrannt und die Abgase in die Luft geblasen wurden, dann auf den LKW verladen und quer durchs Land gefahren, um als Werbegeschenk einer Bank einmal angesehen, dreimal aufgeräumt oder von rechts nach links gestellt zu werden, dann entsorgt, natürlich 
sortenrein, um zum Beispiel wiederum unter Einsatz von Schweröl nach Fernost oder Afrika geschippert und dort unter prekären Arbeitsbedingungen zu neuem Müll recycelt oder trotz der richtigen Mülltrennung auf einer Müllhalde in Gambia unkontrolliert verbrannt zu werden. 

Wie viele der Laster, die die Autobahnen verstopfen und unser Tal tagein tagaus mit Lärm und Abgasen erfüllen, haben solche Einwegware geladen? Dinge, die nur produziert werden, um sie ganz schnell wieder wegzuwerfen. Oder Klamotten, die nie oder kaum getragen werden. Welch unglaubliche Ressourcen-Verschwendung für nichts und wieder nichts! Welcher Zynismus all jenen Menschen gegenüber, denen das Nötigste zum Leben fehlt und jenen, die ausgebeutet werden, damit dieser Müll so billig produziert und herumgefahren werden kann. Welche Abwertung von Arbeits- und Lebenszeit – die Zeit jener, die gezwungen werden, in ihrer Lebenszeit Einwegwaren herzustellen und auch jener, die Dinge nachhaltig produzieren, sich aber neben der Masse nicht behaupten können und deren Mühe überflüssig erscheint.

Manchmal überkommt mich ein großer Frust. 

Ich kann aus vielen alten Dingen Neues machen. 
Zum Beispiel aus alten Stoffen warme und kunstvolle Decken oder allerlei Behältnisse wie Taschen und Beutel, auch neue Kleidung oder Stofftierchen.
Aus Wolle – am liebsten vom Schaf um die Ecke – spinne ich Garn, stricke was uns wärmt.
Es entsteht Nützliches und Schönes.
Soweit so gut. Sinnvoll für unseren Planeten allemal. 



Aber das, was sich im Lauf der Jahre an "Rohstoffen" hier so angesammelt hat, reicht für weit mehr als den Eigenbedarf.
Ich sehe das Potential der Dinge. Ich sehe, was sie werden könnten, wozu sie nütze wären, wenn,  – 
ja, wenn es denn nicht von allem ohnehin schon viel zu viel gäbe. 
Jedenfalls hier und jetzt. 

Manchmal habe ich das Gefühl, das führt mein Tun ad absurdum. 

Zu allen Zeiten haben Menschen die Dinge gestaltet und verziert, die sie täglich sehen und nutzen. In vielen Museen kann man Zeugnisse davon bewundern.

Auch in meinem Besitz befindet sich manches museumsreife Stück. 
Schöpferisches Tun liegt im Wesen des Menschseins. Davon bin ich überzeugt.
Kreativität ist im Menschen angelegt, tut gut, ist vielleicht sogar lebensnotwendig. 
Der Näh- und Strickboom bringt diese Notwendigkeit gerade auch in diesen unseren technologiegesteuerten Zeiten zum Ausdruck. 
Kreativität ist notwendig. Doch die Dinge, die daraus entstehen, sind heute, jetzt und hier oft genug nicht notwendig. 

Dieser Überfluss nimmt mir manchmal die Lust an der Kreativität. Ich frage mich nach dem Sinn – und finde keine Antwort. 

In den letzten Tagen habe ich viel aufgeräumt; über Kleinanzeigen in dem ein oder anderen kreativen Forum manches Stück weitergegeben. Der Aufwand ist enorm (fotografieren, posten, beschreiben, die verschiedenen Interessenten und Sachen im Blick behalten und nicht durcheinanderbringen, verpacken, Adresszettel ausfüllen, Geldeingänge überprüfen, zur Post fahren usw.).

Lohnt sich das?
All der Aufwand nur, damit die Dinge nochmal einen Nutzen haben, ein zweites Leben bekommen? 


Oder vielmehr deshalb, weil ich so erzogen wurde, dass man nichts wegwirft, was man oder jemand noch brauchen könnte und ich mich davon so schwer befreien kann? 

Ich weiß es nicht. 
Der Weg zur Mülltonne wäre definitiv kürzer.  

Und ich habe definitiv immer noch viel zu viel Zeug. 
Das mir oft genug im Weg rumliegt und manchmal auf den Nerv geht.
Heute zum Beispiel. 

Deshalb gibt es heute diesen langen, nachdenklichen Text, der Fragen aufwirft und keine Antworten weiß. 

Und morgen? 

Morgen freue ich mich wieder an den vielen verwertbaren Dingen in jenem Schrank, den ich "Dornröschens Schatzkiste" nenne. 
An jenen Stoffen, die als Rohstoff dienen können, ohne dass neue Ressourcen verbraucht und Energie auf weiten Wegen verschwendet werden müssen.
Materialien, die sich schon bewährt haben und wieder bewähren werden.
Gewebe, die Geschichten erzählen, zum Beispiel davon, dass auch hierzulande früher Textilien von Anfang bis Ende produziert wurden, in guter Qualität, auf eine lange Lebensdauer ausgelegt.
Auch an jenen fertigen Dingen, die ihren Dienst schon hinter sich haben und in ihrer Schönheit einfach nur noch da sein dürfen, um von der Kreativität der Menschen vergangener Tage zu berichten.  

Morgen freue ich mich wieder, dass ich aus dem Vollen schöpfen kann, aus dem, was sowieso schon da ist. Dass ich Neues aus Altem schaffen kann.

Vielleicht eröffne ich morgen einen Flohmarkt, um meine Schätze zu teilen und von meinem Überfluss abzugeben. Oder übermorgen. Oder dann, wenn ich die Lust dazu habe. 
Obwohl der Aufwand enorm und der Weg zur Mülltonne kürzer ist. 
Damit viele Dinge aus dem Dornröschenschlaf geweckt werden und ein 
"Zweites Leben" bekommen.

Mal sehen.  


 

Donnerstag, 18. Februar 2021

Stopfgarnparade oder ...

 ... eigentlich finde ich sehens- und zeigenwert, was in der hintersten Ecke meines Stoffschranks wohnt und nur selten ans Tageslicht kommt: 

Stopfgarn

Einst – als Reparieren von Kleidungsstücken noch an der Tagesordnung war – gehörte Stopfgarn zum Alltag und wurde in vielen Spinnereien in West und Ost produziert. 
Aus Baumwolle, Wolle, aus Mischungen in verschiedenen Varianten, Dralon, Zellwolle (Viskose) und auch "100% Stopfgarn", wie mancher Aufdruck verrät. 

Neben neueren Kärtchen und Röllchen haben sich im Lauf der Jahre einige Raritäten unterschiedlicher Herkunft in meiner Stopfgarnschachtel angesammelt, die ein Stück Textilgeschichte erzählen. 

Bühne frei: 



































Und dann schlummert da ganz unten in der Schachtel noch eine nagelneue Büstenformergummiaustauschspange – wie auch immer die da hingekommen sein mag. 

Der Aufdruck verrät: "Der Büstenformergummi unterliegt der stärksten Beanspruchung – eine Austauschspange fügen wir daher bei."